Noch wartet die MSC Splendida auf mehr Passagiere. Im nächsten Jahr sollen alle Kreuzfahrtschiffe wieder in See stechen
Noch wartet die MSC Splendida auf mehr Passagiere. Im nächsten Jahr sollen alle Kreuzfahrtschiffe wieder in See stechen
Sponsored

Halbvolle Luxusliner und Einschränkungen an Bord

Die frühere Boom-Branche leidet weiterhin unter der Pandemie. Kommt jetzt die Impfpflicht für Kreuzfahrt-Passagiere?

Beat Eichenberger

Vom Schlag, der die Kreuzfahrten vor 18 Monaten traf, hat sich das Geschäft noch nicht erholt. Im März 2020 mussten über Nacht sämtliche Reedereien wegen Corona ihren Betrieb einstellen.

Einige wenige Schiffe kehrten zwar im letzten Sommer aufs Wasser zurück, der eigentliche Neustart der Cruise-Flotten erfolgt aber etappenweise erst seit diesem Frühling. Inzwischen ist fast die Hälfte der weltweit 400 Hochsee-Schiffe wieder mit Passagieren unterwegs. Bisher waren vor allem Cruises in Europa möglich, nach und nach geben nun auch andere Reviere grünes Licht für die Kreuzfahrtschiffe.

Trotz des Neustarts entwickelt sich die Nachfrage nach Schiffsreisen noch recht verhalten. Sebastian Selke, Geschäftsführer von MSC Cruises Schweiz, meldet zwar, dass die Sommersaison im Mittelmeer den Erwartungen entspreche und diese gar vereinzelt übertreffe. Vor allem die Fahrten ab Triest mit der MSC Splendida in Verbindung mit einem Charterflug kommen gut an. Aber Cornelia Gemperle, General Manager von Kuoni Cruises, räumt ein: «Kreuzfahrten erholen sich weniger rasch als Badeferien am Mittelmeer.»

«Kreuzfahrten erholen sich weniger rasch als Badeferien am Mittelmeer.»

Die Gründe für die zurückhaltende Lust auf Seereisen sind vielfältig. Die nach wie vor herrschende Unsicherheit, ob die ausgeschriebene Route tatsächlich auch befahren wird, die an Bord geltenden Covid-Massnahmen mit Maskenpflicht und Abstandsregeln oder die noch oft obligatorische Vorschrift, dass Landgänge nur im Rahmen einer geführten Gruppe («Bubble») möglich sind, vergällen die Vorfreude auf unbeschwerte Tage auf dem Meer. Dazu kommt mit Blick auf die grossen Schiffe eine gewisse Zurückhaltung, sich mit einigen Tausend Menschen auf limitiertem Raum tummeln zu müssen – obwohl die Dampfer derzeit nur mit einer Auslastung von 60 bis 70 Prozent unterwegs sind.

An den Bemühungen der Reedereien, den Passagieren eine erlebnisreiche Auszeit zu ermöglichen, mangelt es nicht. Die in Zusammenarbeit mit Behörden und Institutionen entwickelten Covid-Schutzkonzepte bewähren sich grundsätzlich gut, werden aber wohl noch für einige Zeit gelten. «Solange die Pandemie nicht vorbei ist, werden wir auch unser strenges Protokoll beibehalten – und damit auch die reduzierte Auslastung der Schiffe», sagt Selke. Bei MSC Cruises sind auch individuelle Landausflüge offiziell nicht geplant, die Situation werde aber laufend überprüft.

«Unsere Massnahmen schützen geimpfte wie ungeimpfte Gäste weiterhin wirksam»

Zugang auf das Schiff erhielt man bisher mit negativen Covid-Tests, doch dies genügt vielen Anbietern nicht mehr: Amerikanische Reedereien verlangen von ihren Gästen eine Impfung, und immer mehr europäische Anbieter folgen dem Beispiel – vor allem für Kreuzfahrten nach Ländern wie Norwegen oder Griechenland, die ultimativ eine Impfung verlangen oder nur Geimpften einen individuellen Landgang ermöglichen. «Der Trend läuft in Richtung Impfpflicht», sagt Gemperle.

Etwas anders schätzt man die Lage bei MSC Cruises ein: «Es ist nicht der richtige Zeitpunkt für Reisen nur mit Geimpften», urteilt Sebastian Selke. Denn dies würde Familien mit Kindern unter zwölf Jahren, die noch nicht gepiekst werden können, von einer Seereise ausschliessen. Familien sind ein wichtiges Kundensegment, nicht nur für die italienisch-schweizerische Reederei. «Unsere Massnahmen schützen geimpfte wie ungeimpfte Gäste weiterhin wirksam», erklärt Selke. Für die Crew hingegen hat MSC ein flottenweites Impfprogramm lanciert.

Eine rasche finanzielle Erholung der Cruise-Branche ist wichtig

Auch die Aussichten für die kommende Wintersaison bleiben durchzogen. In der kalten Jahreszeit sind die Schiffe üblicherweise auf Fernreisen unterwegs, ein Angebot, das wegen der weltweiten Einreiserestriktionen weitgehend ausfällt. «Die Kanarischen Inseln, das Mittelmeer, Nordeuropa, Arabien, die Karibik – sowie die Antarktis», skizziert Gemperle von Kuoni Cruises die Möglichkeiten. Doch die Nachfrage verläuft noch holprig, wie Selke von MSC Cruises bestätigt: «Die Angst vor einer weiteren Pandemie-Welle verunsichert viele, weshalb wir derzeit eine zum Teil verhaltene Buchungsentwicklung für den kommenden Winter sehen.»

«Für den Sommer 2022 haben wir bei den Buchungen erfreulicherweise wieder das Vorkrisenniveau von 2019 erreicht»

Doch bis in einem Jahr, so hofft die Branche, sollte sich der Nebel wieder lichten. Bis dann planen die Reedereien die Rückkehr sämtlicher Schiffe und einen Ausbau der Routen-Palette. Und sie rechnen mit einem Nachholbedürfnis der Kunden: «Für den Sommer 2022 haben wir bei den Buchungen erfreulicherweise wieder das Vorkrisenniveau von 2019 erreicht», bestätigt Sebastian Selke. Nach dem desaströsen Shutdown ist eine rasche finanzielle Erholung der Cruise-Branche wichtig. Sie steht vor drängenden Fragen und teuren Umrüstungen, um den Herausforderungen des Umweltschutzes und der Klimaerwärmung zu begegnen.

Themenspezifische Specials

Mit themenspezifischen Specials, welche als zusätzlicher Zeitungsbund erscheinen, bietet die Sonntags Zeitung ihren Lesern regelmässig einen attraktiven Mehrwert.