Mona Vetsch und Tom Gisler sind «Im mittleren Alter».
Mona Vetsch und Tom Gisler sind «Im mittleren Alter». (Noëlle Guidon)
Ü - Die besten Jahre

Tipps und Tricks für die Ü50er

Kulturtipps, Wissenshäppchen und Ratgeberinfos für die Jüngsten unter den Älteren: die Ü50er. Welche Bücher und Podcasts empfehlen sich, wie findet sich der passende Partner, die passende Partnerin, und wie sieht es mit der Lebenserwartung aus?

Sarah Sartorius und Andreas Minder

Lachen mit der «Sandwich-Generation»

«Das Death Valley des Lebens». So nennt die Glücksforschung laut Mona Vetsch und Tom Gisler das mittlere Alter. Die Fernsehmoderatorin und der Radiomoderator, beide mit Jahrgang 1975, setzen sich in ihrem ersten Bühnenprogramm «Im mittleren Alter» mit Freud und Leid der Generation X auseinander, der sie ange­hören. Die «Multiple-Choice-Quiz-Talk-Show» ist ein Grosserfolg. Vielleicht weil es immer noch wenig Filme, Shows und Serien gibt über die Altersstufe, die «nicht mehr sexy, noch nicht senil» ist? Ihr «Survival-Guide für Betroffene» lädt auch das Publikum dazu ein, Fragen zu stellen, die in der Show beantwortet werden. «Es gibt Kinder, die noch nicht ganz aus dem Haus sind und alte Eltern mit grösser werdendem Pflegebedürfnis. Im Beruf bist du gefordert und deine Beziehung solltest du auch noch pflegen», umschreibt Gisler seine zwischen Verpflichtungen eingeklemmte «Sandwich-Generation» in einem Interview. «Ist das alles oder kommt da noch etwas?» war die Sinnfrage, die sich die beiden gestellt haben. Mithilfe von Alltagsbeobachtungen, wissenschaftlichen Fakten und Power-Point-Präsentationen versuchen sie, diese anstrengenden und wunderbaren Jahre augenzwinkernd zu ergründen. Denn, wie Tom Gisler weiss: «Mit Humor lässt sich vieles relativ gut bewältigen.»

Niemand verdient mehr als die Ü50-Gruppe.
Niemand verdient mehr als die Ü50-Gruppe. (zvg)

Auf dem Höhepunkt

Körperkraft, Gehör und Gedächtnis mögen mit dem Alter zurück­gehen, in einem Bereich ist die Ü-50-Gruppe aber spitze: Niemand verdient mehr als sie. Das ergibt die Schweizerische Lohnstruktur­erhebung (LSE), eine Befragung, die alle zwei Jahre bei den Schweizer Unternehmen durchgeführt wird. Der Bruttomedianlohn der 50- bis 65-Jährigen lag im Jahr 2022 bei 7565 Franken. Bei den Angehörigen der nächstjüngeren Gruppe (40–50 Jahre alt) fliessen Ende Monat 150 Franken weniger aufs Konto, bei den Älteren (alle über 64/65) sind es 731 Franken weniger. Die Rekordgehälter streichen vor allem die Männer ein. Die Frauen unter den 50- bis 65-Jährigen verdienen nicht nur weni­ger als die 40- bis 50-jährigen Männer (minus 532), sondern auch weniger als die 40- bis 50-jährigen Frauen. Der Unterschied zwischen den beiden Frauengruppen betrug 2022 allerdings nicht einmal 50 Franken – und es kommt auch vor, dass die älteren Frauen mehr verdienen: so in den LSE 2014, 2016 und 2018. Bei Frauen ohne Kaderfunktion ist es sogar so, dass die 50- bis 64-Jährigen immer leicht mehr verdient haben als die Jüngeren. Dies sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor. Nach den Gründen gefragt, bleibt das Bundesamt für Statistik all­gemein: «Die unterschiedliche Lohnentwicklung der Geschlechter nach Altersgruppen kann durch die unterschied­lichen Profile der Arbeitnehmenden erklärt werden.» Ach so.

50 ist vielleicht genau der richtige Zeitpunkt, endlich den Kopfstand zu üben.
50 ist vielleicht genau der richtige Zeitpunkt, endlich den Kopfstand zu üben. (zvg)

Macken pflegen und Trampolin springen

«Um die Lebensmitte, wenn die magische 5 näher rückt und man sich immer häufiger nicht auf Anhieb im Spiegel erkennt, senkt sich bei vielen eine sanfte Mattigkeit aufs Gemüt», schreibt Andrea Gerk (Jahrgang 1967) im Vorwort zu ihrem Buch «Fünfzig Dinge, die erst ab fünfzig richtig Spass machen». Auf den folgenden Seiten beschreibt die Autorin Möglichkeiten, um genau dieser Mattigkeit entgegenzuwirken. Denn mit 50 ist so einiges erlaubt und manche Dinge werden schlicht weniger wichtig. Höchste Zeit also, «die Gunst der Stunde zu erkennen und das Leben beim Schopfe zu packen», wie Gerk rät. Zum Beispiel zur eigenen Unterhaltung «alle Verflossenen zum Essen einladen», gleichzeitig versteht sich. Oder «Bücher nicht zu Ende lesen»: «Wenn man auch beim dritten Anlauf, endlich “Schuld und Sühne” zu lesen, ständig abschweift und der Funke nicht überspringt», einfach beiseitelegen. Etwas schrulliger darf man im Alter getrost werden. Wie wäre es damit «seltsame Dinge zu sammeln»? «Fotos von Leuten mit Tränensäcken, die eigenen Bartstoppeln, verpasste Gelegenheiten». Ziemlich morbide ist der Tipp «Eine Playlist für die eigene Beerdigung zusammenstellen» und darauf achten, dass sie «nicht wie eine Ü50, Ü60, Ü70, Ü80 ...-Party klingt». Für die leichteren Momente: Eine Kur machen und sich dort eine Liebschaft anlächeln, endlich Trampolin springen, mal wieder eine rauchen oder – ganz versöhnlich – «sich von Jüngeren die Welt erklären lassen». Auch ins kalte Wasser springen kann man mit 50 problemlos noch: Vielleicht empfiehlt es sich, «etwas zum ersten Mal zu tun», zum Beispiel «Gemüse anbauen», oder «etwas tun, was man nicht kann». Wie wärs damit eine Rede zu halten oder den Kopfstand zu üben? Auf der letzten Seite zählt Andrea Gerk weitere vergnügliche Dinge auf, die erst ab 50 richtig Spass machen: «Grundlos schlecht gelaunt sein», «Sich wie seine Kinder anziehen» oder «Mit uncoolen Leuten befreundet sein». Ein Hoch auf die Gelassenheit der Ü50er.

Trinken ab 50 führt vermehrt zu «Hangxiety».
Trinken ab 50 führt vermehrt zu «Hangxiety». (zvg)

Ein Gläschen in Ehren

«Rotwein ist für alte Knaben eine von den besten Gaben», schrieb Wilhelm Busch vor 150 Jahren. Es reimt sich zwar, aber Ü-Fünfziger*innen, die am Vortag wieder mal etwas über den Durst getrunken haben, würden diesen Satz wohl trotzdem nicht unterschreiben. Dafür brummt der Kopf zu sehr, die Stimmung ist zu trübe. Dabei hat einem das früher doch nichts ausgemacht. Vielleicht redet man sich die ach so wilden Jugendjahre zwar schöner als sie waren, aber es ist tatsächlich so, dass man Alkohol im Alter schlechter verträgt. Ein Grund dafür ist, dass der Wasseranteil im Körper sinkt. Dadurch wird der Alkohol sozusagen weniger verdünnt und der Promillewert steigt stärker. Gleichzeitig wird der Stoffwechsel träger. So baut die Leber Alkohol langsamer ab. Im Gehirn läuft auch nicht mehr alles gleich ab, was vermehrt zu «Hangxiety» führt. Der englische Begriff, der sich aus den Worten Hangover und Anxiety (Sorge, Angst) zusammensetzt, steht für die schlechte Laune am Tag danach. Diese unangenehme Erfahrung verändert offenbar das Verhalten. Das sogenannte Rauschtrinken nimmt mit dem Alter ab. Während sich rund ein Viertel der 15- bis 24-Jährigen mindestens einmal pro Monat so richtig zuputzt, tun dies gemäss der Schweizerischen Gesundheits­befragung 2022 in der Altersgruppe von 55 bis 64 nur noch 12 Prozent. Ganz anders sieht es beim massvollen, aber regelmässigen Konsum aus, also dem Glas Rotwein zum Essen, dem Feierabendbier, dem Drink beim Apéro. Der steigt, je mehr Jahre man auf dem Buckel hat. Über 60 Prozent der 55- bis 64-Jährigen trinken mindestens einmal pro Woche. Zum Vergleich: bei den Jungen sind es 20 Prozent weniger. Für gesunde Menschen ist ein Glas Bier oder Wein am Tag an sich nicht problematisch. Fachleute sprechen von risikoarmem Konsum. Gleichzeitig mahnen sie zur Vorsicht, weil die Gesundheit fragiler wird: Bluthochdruck, Diabetes, Schlaf­störungen, Leberschäden und Verdauungsbeschwerden nehmen mit dem Alter zu. Diese Krankheiten werden durch Alkohol verschlimmert. Er kann ausserdem die Wirkung von Medikamenten vermindern, verstärken oder sonst verändern. Zudem: Aus risikoarmem Konsum kann sich schleichend eine Sucht entwickeln. Das gilt im Alter besonders, weil man vermehrt mit schmerzlichen Ereignissen wie dem Tod der Eltern oder anderer nahestehender Menschen konfrontiert wird. In solchen Situationen kann der Griff zur Flasche verlocken – und wird dann zur zusätzlichen Last. Also eine zweifelhafte Gabe für alte Knaben und Mädchen.

Weibliche Vorbilder für die kommende Dekade

Als die deutsche Journalistin Stephanie Hielscher 45 Jahre alt wurde, merkte sie, dass ihr die Vorbilder für die kommende Dekade fehlten. Wieso werden Frauen ab 50 in der Öffentlichkeit unsichtbar gemacht, fragte sie sich. Für ihren Podcast «50 über 50», den sie seit 2022 moderiert, spürt sie Frauen auf, die mitten im Leben stehen. Schauspielerinnen, Autorinnen, Unternehmerinnen oder Politikerinnen, darunter Schauspielerin Heike Makatsch, Autorin Ildikó von Kürthy und Frauke van Bevern, Marketingchefin der Berliner Volksbank. Sie alle sprechen mit Hielscher offen über Wechseljahre, alternde Körper, veränderte Jobchancen, nervigen Jugendwahn, neue Freiräume, glückliche Beziehungen, Endlichkeitsgefühle und die klassische Midlife-Crisis. Lebenserfahrungen und Lebensgeschichten vermischen sich zu einem ehrlichen und unterhaltsamen Einblick in unterschiedliche Frauenbiografien ab 50. Das Gespräch beginnt meist mit der Erinnerung an den 50. Geburtstag und hangelt sich von da aus zu den Hochgefühlen und Tiefpunkten, die die Frauen danach erlebt haben und erleben. Ein Podcast, der berührt und im besten Fall sogar Lust aufs Älterwerden macht. Im November erscheint Stephanie Hielschers Buch «So alt war ich noch nie» über das, was uns ab 50 erwartet, in dem sie die Gespräche verarbeitet hat.

Gedanken an den Tod sind mit 50 oft noch weit weg.
Gedanken an den Tod sind mit 50 oft noch weit weg. (zvg)

Das letzte Stündchen schlägt immer später

Wer in diesem Jahr in der Schweiz 50 wird, hat noch viel Lebenszeit vor sich. Frauen dürfen mit 40 weiteren Jahren rechnen, Männer mit 37. Auch ihre Chancen den 100. Geburtstag feiern zu können, stehen nicht schlecht: Etwas mehr als jede zehnte Frau und gut vier von hundert Männern werden dieses biblische Alter erreichen. Mehr als je zuvor in der Geschichte. Zum Vergleich: Frauen, die 1970 ihren Fünfzigsten feiern konnten, hatten bloss noch 33 Jahre vor sich, Männer 28. Noch früher Geborene konnten ihrerseits von solchen Zahlen nur träumen. Die frühesten in der Schweiz verfügbaren Daten zeigen, dass die Menschen, die 1876 auf die Welt kamen, in ihrer Mehrheit das 50. Lebensjahr nicht erreichten. Die Lebenserwartung für Männer lag damals bei 39 Jahren, jene der Frauen bei 42. Die Beilage «Ü» hätte im vorletzten Jahrhundert also kaum Leserinnen und Leser gehabt. Das ist zum einen auf eine hohe Säuglings- und Kindersterblichkeit, zum anderen auf Infektionskrankheiten, wie Tuberkulose, Pocken, Typhus und Cholera zurückzuführen. Dank Impfungen, besserer Hygiene und allgemein besseren Lebensbedingungen wurden die Menschen in den folgenden Jahrzehnten immer älter. Im 20. Jahrhundert gelang es, die Sterblichkeit infolge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken, die Lebenserwartung stieg weiter an: 2024 Geborene werden 94 (Frauen) beziehungsweise 92 (Männer). Und so weiter? Werden dereinst alle 100? «Es ist kaum möglich, wissenschaftlich eine Obergrenze für die Lebenserwartung zu bestimmen», schreibt das Bundesamt für Statistik. Es gebe zwar Anzeichen dafür, dass die Lebenserwartung in den kommenden Jahrzehnten nicht mehr stark ansteigen werde. Medizinische Fortschritte, etwa in der Krebsbehandlung, und eine gesündere Lebensweise der Bevölkerung deuteten hingegen darauf hin, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht ist.

«Bis dass der Tod uns scheidet» ist nur eine von vielen Möglichkeiten.
«Bis dass der Tod uns scheidet» ist nur eine von vielen Möglichkeiten. (zvg)

Tipps für die Schatzsuche

Alter schützt vor Trennung nicht. Dass langfristige Partnerschaften in die Brüche gehen, ist kein seltenes Ereignis. Scheidungen zwischen Personen, die seit 20 oder 30 Jahren verheiratet sind, haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. So war 2018 etwas mehr als ein Drittel der 1998 geschlossenen Ehen geschieden. Von jenen Paaren, die 1988 geheiratet hatten, waren 30 Jahre später nur noch 60 Prozent zusammen. Die übrigen müssen oder dürfen sich auf dem Partnermarkt nach einem oder einer neuen Liebsten umsehen. Ist das leichter oder schwieriger als mit 20? Die Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten. Menschen über 50 tragen einen volleren Rucksack an Erfahrungen mit sich herum. Beziehungen haben Spuren hinterlassen, vermutlich auch negative. Das kann auf die Wahrnehmung eines potenziellen Partners abfärben. Wenn es jedoch gelingt, solche Denkmuster zu erkennen und vernünftig mit ihnen umzugehen, kann die Lebens- und Beziehungserfahrung auch zum Vorteil werden: Ältere Menschen wissen oft genauer, wer sie sind, was sie wollen und was nicht. Sie sind auch eher in der Lage zu formulieren, wie sie sich eine Beziehung vorstellen. «Bis dass der Tod uns scheidet» ist nur eine von vielen Möglichkeiten. Einige wün­­schen sich bloss eine lockere Beziehung, andere eine Affäre. Bleibt die Frage, wo reife Singles neue Partner*innen finden. Im Grossen und Ganzen sind es die gleichen Orte, an denen sich auch die jüngeren Paarungswilligen umsehen: im Freundes- und Bekanntenkreis, am Arbeitsplatz, bei gemeinsamen Hobbys, in Vereinen, im Ausgang. Und natürlich: im Internet. Es gibt zum einen die allgemeinen Dating-Plattformen wie Parship, auf denen sich immer mehr Menschen mit Lebenserfahrung einschreiben. Zum anderen gibt es eine Reihe von Singlebörsen, die sich speziell an Ältere richten. Viel Glück!

Themenspezifische Specials

Mit themenspezifischen Specials, welche als zusätzlicher Zeitungsbund erscheinen, bieten die Verlagsbeilagen von Tamedia ihren Leserinnen und Lesern regelmässig einen attraktiven Mehrwert. Die ganze Beilage «Ü - Die Zeitung für die besten Jahre» als PDF herunterladen: